"Warum Over-Entertainment mehr schadet als nutzt" In einem großen Hundeforum gibt es den Thread „Was habt Ihr heute mit Euren Hunden gemacht?“ Dort wetteifern die Nutzer, wer seinen Hund mehr entertained: Ein Traum-Hundeleben? In Diskrepanz zu diesem scheinbaren Traum habe ich zunehmend mehr Hunde im Training, die nervös sind, hibbelig, nicht abschalten können. Die keine Ruhe finden, Fehlverhalten entwickeln, Bewegungsreizen hinterhergehen - ungeachtet, ob es Schmetterlinge, rollende Bälle oder Radfahrer sind. Die beim Spaziergang völlig außenfokussiert sind und für ihren Besitzer nicht ansprechbar. Zufall? Mit Sicherheit nicht. Ich behaupte, das größte Problem ist, dass Hunde heutzutage zu viel beschäftigt werden. Montags Agility, Dienstags Obedience, Mittwoch Mantrailing, Donnerstag Apportieren, am Freitag eine Stunde Hundeschule….und daneben noch Spaziergänge, auf denen die Vierbeiner ebenfalls beschäftigt werden - das ist keine Seltenheit. Auslastung ist wichtig. Ruhephasen aber genauso. Und das ist der entscheidende Knackpunkt. Das Ruhebedürfnis eines Hundes liegt bei ca. 17-20 Stunden pro Tag. Diese Zeit braucht der Hund zur Regeneration, damit das körpereigene Stresssystem „herunterfahren“ kann und ein Hund ausgeglichen ist. Zu viel und zu schnelle Auslastung fahren einen Hund „hoch“ - hat er zu wenig Ruhezeit, kann das Gehirn kein chemisches Gleichgewicht herstellen - der Hund wird unausgeglichen und findet keine Ruhe. Häufig haben Hundehalter, wenn sie einen hibbeligen Hund haben, das Gefühl, sie müssten ihn noch mehr auslasten. Also wird der Spaziergang verlängert, oder eine zusätzliche Aktivität eingebaut. Oftmals sind die Halter verwundert, dass auch mit diesen Maßnahmen der Hund noch nicht ausgelastet genug scheint, und nehmen weitere Aktivitäten dazu. Was der Weg aus der Problematik ist? Zunächst einmal sollte das tägliche Programm deutlich reduziert werden: Viele Halter machen sich Sorgen, dass Ihr Hund diese Umstellung nicht ertragen kann, ohne völlig aufzudrehen. Es kann tatsächlich kurz zu einer „homöopathischen Erstverschlimmerung“ in den ersten Tagen kommen. Halten Sie trotzdem dieses Programm mehrere Wochen durch! Sie werden überrascht sein, dass Ihr Hund, statt aufzudrehen, darunter entspannen kann. Auf Dauer kann das Programm dann wieder langsam und wohl dosiert (!) erhöht werden. Wenn Sie merken, dass Ihr Hund wieder unruhiger wird, reduzieren Sie es wieder. Prophylaktisch können Sie immer mal „Langeweile-Tage“ einbauen, an denen Sie nur kurze Runden ohne viel „Bespaßung“ mit Ihrem Hund gehen. Auch solche Tage sollten von Ihrem Hund auszuhalten sein, ohne, dass er „nörgelig“ wird. Dabei brauchen Sie auch kein schlechtes Gewissen zu haben - ganz im Gegenteil - denn: Wie viel Aktivität einem Hund generell gut tut, kann nicht pauschal gesagt werden und ist im Einzelfall zu prüfen. Einige Hunde sind extrem schnell „hochzufahren“, bei diesen sollte besonders auf nur kurze Aktivitätsphasen und hingegen lange Ruhephasen geachtet werden. Wenn Sie einen Hund haben, der generell sehr hibbelig ist, trotz allerlei Auslastung nicht zur Ruhe kommt, scheinbar immer mehr fordert oder gar problematisches Verhalten entwickelt, begehen Sie nicht den Fehler, weiteres Programm „aufzufahren“. Möglicherweise machen Sie nicht zu wenig - sondern in gutem Glauben zu viel. (c) Johanna Pelz, www.miteinanderlernen.de Mehr Artikel finden Sie unter www.miteinanderlernen.de/blog |
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